Belastete Aktienmärkte
Die Aussichten für die Wirtschaftsentwicklung haben sich in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt. Ursächlich ist, dass nach der Coronakrise mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Rohstoff-Preissteigerungen gleich die nächste Krise einsetzte. Im Juni sind die Aktienkurse an den europäischen Börsen noch einmal deutlich gefallen, und diese Abwärtsbewegung setzte sich in den Juli hinein fort.
Allen Risiken voran steht gegenwärtig die Gefahr einer unzureichenden Energieversorgung in den Wintermonaten. Es wird immer deutlicher, dass die russische Regierung die Erdgas-Lieferungen als politische Waffe nutzt, um die westeuropäische Wirtschaft und Gesellschaft zu destabilisieren. Deutschland ist hiervon sehr stark betroffen, da es sich in der Vergangenheit in Unkenntnis der wahren Politikausrichtung Russlands in eine große Abhängigkeit von Erdgas-Lieferungen aus diesem Land begeben hat. Noch ist ungewiss, ob und in welchem Ausmaß Erdgas unter den Unternehmen rationiert werden muss und damit Produktionsprozesse beeinträchtigt werden. Für den weiteren Ausblick muss allerdings der Charakter dieser Belastungen in den Blick genommen werden.
Für die deutsche Volkswirtschaft handelt es sich um eine abgrenzbare Herausforderung, nämlich die Umstellung des Energiesystems auf eine Unabhängigkeit von russischen Lieferungen. Dies ist nicht in wenigen Monaten zu bewerkstelligen, allerdings wird diese Aufgabe mit der Zeit gelöst werden. Bereits im kommenden Jahr werden die Fortschritte beim Umbau der Energieinfrastruktur so weit sein, dass der Krisenalarm abgestellt werden kann. An den Finanzmärkten steht jetzt vor allem diese Unsicherheit im Vordergrund. Sie sorgen für rückläufige Aktienkurse und ebenfalls starke Schwankungen an den Anleihemärkten. Dieser Einfluss wird wohl für den Rest des Jahres bestehen bleiben, denn eine größere Klarheit über die energiebedingten Belastungen von Unternehmen und Haushalten in Deutschland wird wohl erst im ersten Quartal des kommenden Jahres geben können.
Frankfurt, 08. Juli 2022
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