1. September 2024

Die Anfänge des Giroverkehrs

Sparkasse und Girokasse im Gemeindeamt Großschönau, undatiert; Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes/Depositum Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien

Im letzten historischen Blogbeitrag vom 13. Juni 2024 ging es um die Anfänge des Spar- und Kreditgeschäfts bei den ersten Sparkassen in der Region. Das war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Ein weiteres wichtiges Produkt wurde Anfang des 20. Jahrhunderts, konkret 1909, zuerst in Sachsen eingeführt. Es stellte einen Meilenstein in der Produktgeschichte dar und ist auch heute von größter Bedeutung. Die Rede ist vom Girokonto. Die Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien bietet für dieses verschiedene Modelle an.

In Erinnerung an den Sparkassenreformer wird noch heute die Eberle-Medaille in Gold verliehen. Sie ist die höchste Auszeichnung der deutschen Sparkassenorganisation. Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

Erst durch das Reichsscheckgesetz vom 11. März 1908 erhielten die Länder die Möglichkeit, den Sparkassen die Scheckfähigkeit zu genehmigen. Im Königreich Sachsen ging man dann einen besonderen Weg und präferierte den Giroverkehr für bargeldlose Zahlungen. Vor allem dem Engagement des Nossener Bürgermeisters und Präsidenten des Sächsischen Sparkassenverbandes, Dr. Johann Christian Eberle, ist dessen Einführung zu verdanken.[1] Am 5. Oktober 1908 wurde in Dresden der Giroverband Sächsischer Gemeinden gegründet und Eberle zum Vorsitzenden gewählt. Zittau, Löbau und Neusalza gehörten an diesem Tag zu den Gründungsmitgliedern.[2] Auch Gemeinden ohne Sparkasse durften beitreten.

Formulare für Überweisungen innerhalb eines Ortes in Sachsen, 1909; Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

Die Verrechnungszentrale des Verbandes in der sächsischen Landeshauptstadt nahm am 2. Januar 1909 ihre Arbeit auf. Aus rechtlichen Gründen waren in Sachsen zunächst nicht die örtlichen Sparkassen selbst, sondern Girokassen für die Überweisungen zuständig. Sie wurden in Personalunion oft in den gleichen Räumen verwaltet. Kunden brauchten ein separates Girokonto neben dem Sparkonto. Es gab verschiedene Formulare für den innerörtlichen oder überörtlichen Giroverkehr. Überweisungen erfolgten auf dem Postweg. Der Sächsische Giroverband war Vorbild für die Einrichtung weiterer regionaler Giroverbände in Deutschland. Eberle betrieb emsig Werbung dafür. Auch an der Gründung eines zentralen deutschen Verbandes am 26. Oktober 1916 hatte er maßgeblichen Anteil.

Auch Olbersdorf trat dem Giroverband bei. Die dortige Girokasse wurde am 1. Mai 1910 gegründet. Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes/Depositum Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien

Artikel in „Die Sparkasse“, Fachblatt des Deutschen Sparkassenverbandes; Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

Den preußischen Sparkassen wurde staatlicherseits am 20. April 1909 der Scheckverkehr für Sparguthaben und der Scheck- und Giroverkehr für Kontokorrentguthaben erlaubt. Aber erst ein Zweckverbandsgesetz vom 19. Juli 1911 ließ die Gründung öffentlich-rechtlicher Zweckverbände der Kommunen zu, um zum Beispiel gemeinsam den Überweisungsverkehr zu organisieren. Der fünfte deutsche Regionalverband entstand dann am 17. Januar 1913 mit Sitz in Breslau.[3] Ein frühes Mitglied dieses Giroverbandes der kommunalen Verbände der Provinz Schlesien war die Stadt Görlitz. Im Sommer 1913 nahm der Verband den Überweisungsverkehr auf. Für die Görlitzer Stadtsparkasse ist die Einführung des Giroverkehrs am 1. September 1913 belegt.[4]

[1] Vgl. Hillen, Barbara: Der Sparkassenreformer und sächsische Mittelstandspolitiker Johann Christian Eberle (1869-1937), 2004, S. 122 ff.

[2] Vgl. Verzeichnis der in der Gründungsversammlung des Giroverbandes Sächsischer Gemeinden im Hotel „Drei Raben“ in Dresden am 5. Oktober 1908 anwesenden Gemeindevertreter, Bestand Historisches Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes

[3] Vgl. Ashauer, Günter: Von der Ersparungscasse zur Sparkassen-Finanzgruppe. Die deutsche Sparkassenorganisation in Geschichte und Gegenwart, 1991, S. 202.

[4] Vgl. Falk, Beatrice/ Hauer, Friedrich: Mit 12 Talern fing alles an. Zur Geschichte der Niederschlesischen Sparkasse, 2001, S. 63.

1. September 2024

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