Stimmung im Keller
Die Gaspreise in Europa sind seit vergangener Woche nochmals kräftig angestiegen und mit ihnen die Inflationserwartungen und Rezessionssorgen. Die Finanzmarktteilnehmer preisten dies entsprechend ein, was zu Renditeanstiegen bei Staatsanleihen und Kursrückgängen an den Aktienmärkten führte.
Auch auf dem Euro lastet die europäische Energiekrise schwer, der Euro-Wechselkurs zum US-Dollar rutschte Anfang der zurückliegenden Woche unter die Parität. In diesem Umfeld hoher Inflation und magerer Wachstumsperspektiven sinkt auch die Stimmung der Unternehmen weiter in den Keller. So gingen in Euroland die Schnellschätzungen der Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und die Dienstleister abermals zurück, beide liegen im Rezessionsbereich. Diese Schwäche resultiert im Wesentlichen aus den Schwergewichten Frankreich und Deutschland. Auch die weiter nach vorne blickenden ifo-Geschäftserwartungen der deutschen Unternehmen signalisieren eine Rezession.
Kein Wunder, denn hierzulande schwindet die Widerstandskraft der Volkswirtschaft zunehmend. Zum einen schmälert die hohe Inflation die Kaufkraft und die Kauflaune, zum anderen belasten die Vorbereitungen auf einen möglichen Gas-Engpass im Winter. Diese reichen vom Einsatz teurer Energieträger bis hin zu selbstgewählten Drosselung energieintensiver Produktionsprozesse. Deutsche Unternehmen berichten von einer rückläufigen Nachfrage, die sich durch Stornierungen und Auftragsverschiebungen bemerkbar macht. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt könnte somit schon im dritten Quartal schrumpfen. Vor diesem Hintergrund muss der Euro wohl auf bessere Zeiten warten, bevor er sich gegenüber dem US-Dollar wieder sichtlich behaupten kann.
Nächste Woche werden zwei makroökonomische Indikatoren gemeldet, welchen die Notenbanker besondere Beachtung schenken: die Euroland-Inflationsdaten sowie der US-Arbeitsmarktbericht. Während Erstere die Leitzinserhöhungen der EZB weiterhin mehr als rechtfertigen dürften, wird Letzterer zeigen, inwieweit die im Vergleich zu Euroland deutlich höheren US-Zinsen bereits ihre Bremsspuren in der US-Wirtschaft hinterlassen.
Frankfurt, 26. August 2022
Ihr Kommentar