Das Rubel-Chaos
An den Finanzmärkten liegen derzeit sehr gegensätzliche Szenarien anscheinend dicht nebeneinander.
Auf der einen Seite kalkulieren Chemieunternehmen in Deutschland, wieviel ihrer Produktion sie im Falle eines Rohstoff- und Erdgas-Lieferstopps abschalten müssen, auf der anderen Seite kündigt Russland vertrauensbildende Maßnahmen an, und die Ukraine wartet gar mit einem Friedensplan auf. Trotzdem bleibt es für die meisten Marktteilnehmer dabei, dass diese Konfliktlage nicht einschätzbar ist und es daher notwendig ist, sich auf sehr unterschiedliche Szenarien vorzubereiten.
Die Frage der Rubel-Zahlungen für Erdgas-Lieferungen fällt wohl eher in den Bereich der politischen Propaganda als der ökonomischen Logik. Der Grund: Für Energielieferungen wurden in den bestehenden Sanktionen bereits Ausnahmen festgelegt. Schon heute wird der Großteil der Devisenzahlungen für Rohstoffe von russischer Seite in Rubel umgetauscht. Vor diesem Hintergrund sind die russischen Forderungen wohl eher Propaganda, die vor allem die eigene Währung attraktiver dastehen lassen soll, als sie eigentlich ist. Die westlichen Staaten haben sehr klug darauf reagiert, indem sie auf bestehende Verträge hingewiesen haben und die Rubel-Zahlung abgelehnt haben. Sollte dies die russische Seite zum Anlass nehmen, die Gaslieferungen vollständig zu kappen, würden die Lieferstopps von Russland ausgehen und nicht vom Westen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Abnehmerländer weiter in US-Dollar und Euro bezahlen, die dann automatisch in Rubel konvertiert werden. Für die Aktienmärkte bedeutet das, dass derartige Unsicherheiten auch in den kommenden Wochen eine klare Bewegungsrichtung verhindern werden.
Frankfurt, 1. April 2022
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