Inflationsbild: hübscher, aber noch nicht schön!
Die bis zuletzt drohende Zahlungsunfähigkeit in den USA ist abgewendet. Damit ist der US-Staat weiterhin handlungsfähig. So weit, so gut. Wenn man das nur über die Inflations- und Konjunkturentwicklung sagen könnte.
Dabei zeigt der geldpolitische Straffungskurs der Notenbanken zweifellos Spuren: Gewünschte, wie bei den rückläufigen Inflationsraten, hingenommene, wie schwächliche Konjunkturdaten. Zweifellos dringen die verschlechterten Finanzierungsbedingungen durch zu den Unternehmen und belasten deren wirtschaftliche Aktivität. Doch zeigt sich die Weltwirtschaft immer noch recht resilient. Mithin ist es für die Notenbanken ein zähes Zurückdrängen des Preisauftriebs. Die frisch veröffentlichten Inflationsdaten für den Mai sind deutlich zurückgegangen. Vor allem die gesunkenen Energiepreise haben für eine Inflationsrate von „nur“ noch 6,1 Prozent gesorgt. Der unterliegende Inflationstrend ist, gemessen anhand der Kerninflationsrate, mit 5,3 Prozent indes nach wie vor unbefriedigend hoch. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, lässt wenig Zweifel daran, dass ein einzelner weiterer Zinserhöhungsschritt noch nicht ausreichend sei, um schlussendlich ein schönes Inflationsbild zu zeichnen. Vor diesem Hintergrund war es trotz des Aufatmens im US-Politkrimi um die Schuldenobergrenze eine durchwachsene Woche an den Aktienmärkten. Bundesanleihen und US-Staatsleihen verzeichneten erhebliche Renditerückgänge.
In der anstehenden Woche treffen sich die OPEC-Staaten, was auch Einfluss auf die Finanzmärkte haben sollte. Die erdölexportierenden Länder könnten sich nach dem jüngsten Preisrückgang beim Rohöl auf eine weitere Fördermengenkürzung verständigen. Darin mag ein Konjunkturpessimismus für die Weltwirtschaft zum Ausdruck kommen, die auch mit weniger Rohöl auskömmlich versorgt sein sollte. Der Rohölpreis selbst sollte damit stabilisiert werden. Kleinere Notenbanken, wie in Australien oder Kanada, werden bei ihren Leitzinsentscheidungen zeigen, dass der Zinserhöhungszyklus global dem Ende nahe ist. Doch ist bei den Inflationsraten eben noch nicht alles gut und zielkonform, was die Spannung für die Märkte hochhält.
Frankfurt, 2. Juni 2023
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